Dem Thema Bauen und Wohnen haben die Parteien im Bundestagswahlkampf 2025 erstaunlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Nannte sich Olaf Scholz im Wahlkampf 2021 noch „Kanzler für bezahlbares Wohnen“ mit dem Versprechen, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, blieben diesmal die Wahlprogramme bei Versprechen zum Wohnungsbau weitgehend unverbindlich oder sogar ganz leer. Auf konkrete Zahlen zum Wohnungsbau wurde verzichtet, was nachvollziehbar ist, wenn man bedenkt, wie oft der SPD und ihrer Bundesbauministerin Klara Geywitz das Scheitern beim Erreichen des 400.000-Ziels zum Vorwurf gemacht wurde. Warum dieses Ziel nicht erreicht werden konnte, muss an dieser Stelle nicht erklärt werden.
Einzig DIE LINKE setzte im aktuellen Bundestagswahlkampf stark auf Wohn-Themen mit ihren bekannten Extremforderungen (bundesweiter Mietendeckel, Enteignung) und wurde dafür mit sensationellen 8,8 Prozent belohnt. In Berlin ging DIE LINKE mit fast 20 Prozent sogar als Wahlsiegerin vom Platz. Dieses Ergebnis muss ein Weckruf und auch eine Warnung sein – gerade an die, die aktuell darüber nachdenken das Bundesbauministerium in einer zukünftigen Regierung einzusparen. „Die Zukunft des Bauministeriums ist unter einer unionsgeführten Regierung ungewiss“, schreib die „Immobilien Zeitung“ im Februar, nachdem eine Umfrage des ZIA zum Thema unter den wahlwerbenden Parteien bekannt gemacht wurde. Wichtig sei es, Kompetenzen zu bündeln, hieß es von Seiten der CDU/CSU.
All das hatten wir schon. Bauen und Wohnen war in der Vergangenheit bereits beim Verkehrsministerium, beim Umweltministerium oder unter Horst Seehofers Innen- und Heimatministerium angesiedelt, immer mit dem gleichen Ergebnis, dass sich Wohnungspolitik unterordnen musste, stiefmütterlich behandelt wurde und jedenfalls nicht von „gebündelten Kompetenzen“ in diesen Mischressorts profitierte.
Egal wie man zu Olaf Scholz und der Ampel stehen mag, es war ein großer Verdienst der vergangenen Regierung, mit der Schaffung eines eigenständigen Bundesbauministeriums dem Thema Bauen und Wohnen in der Öffentlichkeit die notwendige Bedeutung zuzuerkennen. Mit Klara Geywitz bekam die Wohnungswirtschaft eine Ansprechpartnerin, die der Branche nicht nur zuhörte, sondern auch aktiv und partnerschaftlich nach Lösungen suchte, beispielsweise durch eine Vereinfachung beim Bauen mit dem Gebäudetyp E.
Dass Frau Geywitz und ihr Team in nur drei Jahren die Jahrhundertaufgaben rund um den angespannten Wohnungsmarkt in deutschen Metropolen und die multiplen Krisen am Bau nicht lösen konnte, ist nicht weiter verwunderlich. Auch in wirtschaftlich und weltpolitisch „normalen“ Zeiten, wäre dies in der kurzen Zeit unmöglich gewesen. Als Geywitz 2022 antrat, nach 23 Jahre erstmals wieder ein eigenständiges Bauministerium zu leiten, stand ihr dafür noch nicht einmal eine funktionierende Büroinfrastruktur zur Verfügung. In drei Jahren konnte sie maximal Aufbauarbeit leisten und Diskussionsprozesse starten. Dies durch die Abschaffung des Bauministeriums als eigenständiges Ressort nun wieder zunichtezumachen, wäre fatal.
Von einem Ende des Bundesbauministeriums würde erneut DIE LINKE profitieren. Im Bundestag hätten sie mit ihren 8,8 Prozent eine komfortable Ausgangslage, um aus der Opposition heraus weiter für ihre radikalen Forderungen nach einem bundesweiten Mietendeckel und der Enteignung großer Wohnungskonzerne zu trommeln und die Regierungsparteien damit vor sich herzutreiben. Ohne ein eigenes Ministerium fürs Bauen und Wohnen würde dazu ein seriöser Gegenpol fehlen. Es gäbe keine Person mehr, die gemeinsam mit der Wohnungs- und Bauwirtschaft Lösungen bespricht und medial glaubhaft die Rolle eines Kommunikators für eine konstruktive Bau- und Wohnungspolitik einnehmen kann. In der öffentlichen Debatte hätten extreme Positionen zur Wohnungspolitik, mit denen sich aber keine Probleme lösen lassen, weiter Aufwind.
Gerrit Sperling ist Geschäftsführer von Heimstaden Deutschland.
Hinweis: Der Text erschien unter dem Titel "Das Bauministerium muss bleiben" in einer gekürzten Version zuerst als Gastbeitrag in der "Immobilien Zeitung" (Ausgabe 13/2025)